Aktuelle Erkenntnisse zu Pathophysiologie bei erkannter Long-COVID-19-Symptomatik [LC]

Autor: Friedrich Reuss| Diplomchemiker und Assessor d.L.
Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für diätetische Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel und Sportlernahrungen 

Zur Covid-19-Infektion und allgemeine Begriffsdefinitionen:

COVID-19 ist eine Virusinfektion mit dem Coronavirus „SARS-CoV-2“. 

Die Latenzzeit wird mit ca. 1 - 5 Tagen angegeben. Wenn die Therapie der hier typischen überschießenden Entzündungsreaktion nicht gelingt, kann sich der Entzündungsprozess bis zur Nekrose von Lungengewebe und schließlich zum Multiorganversagen steigern. 

Der akute symptomreiche Infektionsprozess ist meistens nach wenigen Tagen abgeklungen und der Patient erholt sich wieder. Patienten mit Vorerkrankungen (z.B. Diabetes Mellitus, Raucherlunge, Autoimmunerkrankung), schwachen Immunsystem oder hohem Alter können versterben. Dabei lag die Letalität anfangs bis zu 6%, wird heute aber mit 0,5% (Deutschland) und mit 2% (global) angegeben.

Bereits während des Genesungsvorganges im Hospital können sich charakteristische Veränderungen wichtiger Körperfunktionen einstellen. Bei anderen Patienten können Störungen später eintreten, wenn typische COVID-19-Symptome überwunden, und der Patient sich bereits als geheilt wähnt. Dieses Phänomen war anfangs selbst in Fachkreisen unbekannt und gilt heute als eigenständiges Syndrom: „LongCovid“. Inwieweit der Einsatz neuer antiviraler Arzneimittel die Häufigkeit von LC beeinflusst, ist ungeklärt.

Der Welt-volkswirtschaftliche Schaden der Corona-Pandemie wurde bereits im Jahr 2020 (vor LongCovid) auf 16 Billionen Dollar geschätzt (KOC, 2022 mit Verweis auf WIRSINGA, 2020; CUTLER, 2020).

Zu möglichen Stoffwechsel-Veränderungen nach überstandener COVID-19-Infektion:

Über die Ursache der verschiedenen LC-Symptome ist wenig bekannt („poorly understood“ = UMESH, 2022). Hypothesen gehen davon aus, dass die typischen LC-Symptome überwiegend durch den während der ersten akuten Phase stark verschlechterten antioxidativen Status der Gewebe der Betroffenen entstehen: Der schlechte RedOx-Status kann z.B. an folgenden Labordaten abgeschätzt werden:

a) Subnormale Konzentration von Vitamin C - oder

b) Subnormale Konzentration von Glutathion (Messung intrazellulär in Erys)

Aufwändig, aber sehr aussagekräftig sind die Quotienten von reduziertem und oxidiertem Vitamin C (Dehydro-Ascorbinsäure; nach BÄSSLER) sowie der Quotient von reduziertem und oxidiertem Glutathion (Lehrbuch: REUSS/BÖHM: Glutathion, Bremen 2019; Seite 24). 
Die Symptome können grundsätzlich alle Organe des Menschen betreffen
(KHAZAAR, 2022). 
Nach NOTARTE 2022, gibt es rund 100 verschiedene unterscheidbare Symptome bei LC. 

Die häufigsten Symptome: (ähnliche Daten werden aus England berichtet (KOC, 2022)

a) Erschöpfung muskulär; Muskelschmerzen (MONTES-IBARRA, 2022; 29%: KOC, 2022; GARG, 2021; WURZ,2022; BORNSTEIN, 2022)

b) Erschöpfung mental (MONTES-IBARRA, 2022; KOC, 2022; „Müdigkeit“ ähnlich wie bei Burnout) KELL, 2022; Fatigue (STEFANOU, 2022; BORNSTEIN, 2022)

c) Verlust an Muskelmasse (PICONE, 2022; Myalgie: STEFANOU, 2022)

d) Hypometabolismus (STEFANOU, 2022)

e) Sensomotorische Störung (STEFANOU, 2022; „Schlackerbeine“)

f) Oxidativer Stress (STEFANOU, 2022)

g) Husten (GARG, 2022)

h) Kognitive Störung (28%: KOC, 2022)

i) Wortfindung / Namenserinnerung eingeschränkt

j) Brain Fog (mentale Benebelung GARG, 2021; STEFANOU, 2022)

k) Ängstlichkeit (27% : KOC, 2022)

l) Pankreasfunktionsstörung (bei früher Variante bis 40% (UMESH, 2022 mit 3 Literaturverweisen)

m) Emotionaler Verlust oder Disorder (STEFANOU, 2022)

n) Dypnoe (Atemnot; 21% : KOC, 2022; SOMMER, 2022; KELL, 2022; GARG, 2021)

o) Darmflora geschädigt (KOC, 2022; PICONE, 2022 mit Verweis auf LIU, 2022)

p) Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, aber selten (CHOUDHURY, 2022)

q) Störung des Immunsystems (YONG, 2021)

r) Arthralgie (Gelenkschmerzen KOC, 2022)

s) Brustschmerzen (KOC, 2022)

t) Kopfschmerzen (GARG, 2021; FERNÁNDEZ DE LAS PENAS, 2021 (bei 47% der erfassten Betroffenen); STEFANOU, 2022)

u) Koagulopathie, Mikrozirkulationsstörung (KELL, 2022)

v) Verlust des Geruchssinnes / smell disorder = Anosmie (JARROT, 2022)

w) Verlust des Geschmacksinnes / taste disorder (STEFANOU, 2022)

x) Gehörschädigung (Tinnitus: STEFANOU, 2022)

y) Nierenschädigung: meist eingeschränkte Nierenfunktion KOC, 2022 mit Verweis auf oxidative Belastung während akuter Infektion; KHAZAAL, 2022; ähnlich UMESH, 2022; dabei ist zu beachten, dass das Renin-Angiotensin System via ACE-2-Rezeptor gleichzeitig proinflammatorische und antiinflammatorische Wirkungen haben kann KHAZAAL, 2022), weshalb die totale Unterdrückung des ACE-Rezeptors unklug erscheint.

aa) Gestörte Energiegewinnung aus Körperfett

bb) Erhöhte Milchsäure-Konzentration in Muskelzellen, spricht für anaeroben Energiestoffwechsel wegen Leistungsmangel des Citratzyklus

cc) Verminderte Lebensqualität (WURZ, 2022)

Phänomen und Definitionen des LongCovid-Syndroms [LC]:

Es gibt derzeit zahlreiche Definitionen durch staatliche Institutionen und medizinische Fachgesellschaften, die sich deutlich unterscheiden. In Deutschland gibt es die S1-Leitlinie, die zu einer einheitlichen Bewertung der Symptome und deren Häufigkeit führen soll.

Allgemeine Voraussetzung:

  • Das störende Syndrom muss länger als 4 Wochen nach Ende der Virusinfektion anhalten.
  • Das Syndrom muss mindestens 3 Monate angehalten haben: „LC im engen Sinne“.
  • Das Syndrom muss mehr als 3 Monate (insbesondere 6 Monate angehalten haben: Dann ist es ein „PostCovid“ (z.B. GARG,2021).

Zur Häufigkeit: Die Schwere der Symptomatik bei der Infektion hat keinen Einfluss auf das Auftreten von LC (NOTARTE, 2022). Allerdings gibt es Daten, wonach die Aufnahme in die Intensivstation das Risiko eines LC-Syndroms auf 70% erhöht (KOC, 2022).

In einer Befragung von nach COVID-Pneumonie genesenen Patienten waren 78 Tage nach der Infektion nur 0,7% der Genesenen frei von COVID-Symptomen (GARG, 2021).

Nach PICONE, 2021 tritt das Phänomen eines postviralen Syndroms nur bei ß-Coronavirus-Infektionen auf, nicht aber mit der Alpha-Form. Hier muss das Spike-Virusprotein eine Besonderheit haben, die weder in der Biochemie entdeckt ist noch von der Wissenschaft erklärt werden kann.

Die allgemeine LC-Häufigkeit wird mit etwa 31 bis 69% angegeben (KOC, 2022) bzw. 30% nach KELL, 2022 bzw. mit 10-20% nach PINK, 2022. 1/3 der Genesenen hat 4 Monate nach der Akutphase noch Beschwerden (BARREA, 2022).

Noch 1 Jahr nach Beendigung der COVID-Infektion haben 5 bis 28% der Betroffenen immer noch keine normale Lebensqualität erreicht (SOMMER, 2022). Nach der GUTENBERG-Studie, haben bis zu 40% nach einem Jahr immer noch Reste von Symptomen (BORNSTEIN, 2022).

Nach STEFANOU 2022, (Studie Ref. 35) sollen 76% der Genesenen 1 oder 2 typische LC-Symptome entwickeln, nach einer anderen Studie sollen erst 23% der LC-Betroffenen nach 1 Jahr völlig symptomfrei sein (PICONE 2021, mit Verweis auf SEEßLE, 2021). Eine große Übersicht zu den Publikationen zum Management von LC ist bei NICE zu finden.

Bemerkenswert ist das Ergebnis einer Studie von SCHERLINGER 2021, wonach sich der Anteil der von LC-Genesenen mit abnormer Müdigkeit nach 152 Tagen kaum vermindert hat. Dagegen hat sich der Anteil der Patienten mit Fieber drastisch verringert. Die Müdigkeit ist sehr schwer zu normalisieren, was auch beim lange bekannten BURN-OUT-Syndrom noch immer nicht gelöst ist.

LongCovid-Symptome sind äußerst vielfältig, dennoch meinen einige Autoren, zwei Hauptgruppen definieren zu können:

a) Müdigkeit, Untertemperatur, Schmerzen und Atemprobleme oder

b) Müdigkeit, Fieber, gastrointestinale Probleme (MUMTAZ, 2022, Verweis auf SUDRE, 2021).

Blutdiagnostische und ergometrische Untersuchungen zur Absicherung:

Überwiegend neu sind die Möglichkeiten, die verschlechterte physische Leistung durch ergometrische Untersuchungen am Laufband nachzuweisen.

Bei der klassischen Blutanalytik sprechen erhöhte Entzündungswerte wie z.B. CRP und hohe Lymphozyten-Werte sowie der Nachweis des aus Fibrin gebildeten D-Dimers für das  Vorliegen von LC (YONG, 2021). KOC, 2022 empfiehlt auch die Analyse von Vitamin D und HbA1c Diabetesrisiko, Thyroidfunktion, Magnesium, B12 und Folat.

Zur Problematik von Mikrozirkulationsstörungen nach COVID-19-Infektion:

Im Zuge von Infektionen kommt es häufig zu Störungen der Mikrozirkulation, die zu einer verminderten Organdurchblutung führt, diese wird für einen Großteil der LC-Symptome verantwortlich gemacht (KELL, 2022). Nach WANG, 2022 ist das Auftreten von thrombotischen Veränderungen zwingend gegeben („essential a thrombotic sequelae“).

Als Ursache wird eine prokoagulative und weitgehend Peptidase-resistente Veränderung der Fibrinstruktur (Fibrin wird zu Fibrinamyloid) diskutiert (KELL, 2022). Verursacher soll das Spike-Protein des Virus sein (KELL, 2022).

Wichtig ist, rasch nach einer COVID-Diagnose eine antikoagulative Behandlung zu beginnen und diese moderat dosiert bis zum Ausbleiben der LC-Symptome fortzuführen, insbesondere für die Vermeidung pulmonaler Komplikationen bei LC-Betroffenen (WANG, 2022).

Zur These der oxidativen Zellwandschädigung durch das COVID-19-Spikeprotein:

Tierstudien wiesen nach, dass Spikeproteine Zellwände angreifen und Entzündungsprozesse auslösen können, die wiederum die Mikrozirkulation so reduzieren, dass Symptome entstehen. THEOHARIDES, 2022).

ERGECOVAC, 2022 stellt die These auf, die den Polymorphismus und die breite Variation der Aktivität der prooxidativen Phase I- und II-Enzyme und die Variation der biologischen Leistung antioxidativ zellschützender Enzyme wie Glutathionperoxidase für die unterschiedliche Heftigkeit der LC-Symptome (mit)verantwortlich macht. VAZIRI-HARAMI, 2022). Deshalb sollten bis zum Ausbleiben der COVID-19-Symptome auch antioxidativ wirksame Nährstoffe und Pflanzenstoffe eingesetzt werden.

Zu ernährungsmedizinischen Optionen und sonstigen Therapie-Möglichkeiten von LC: 

Eine anerkannte Therapie zur Behandlung gibt es noch nicht (KELL, 2022). Derzeit kann nur eine symptomatische Therapie mit hochdosierter Zufuhr von Antioxidantien (z.B. COENZYM Q10, GLUTATHION), antioxidativen und entzündungskontrollierenden Vitaminen (z.B. D, E), Spurenelementen (z.B. Zink, Selen), Naturstoffen (z.B. Pflanzenphenole), Aminosäuren (Cystein) und Peptiden (GLUTATHION) empfohlen werden. (MOTTI, 2022; BORNSTEIN, 2022)

In der akuten Phase des COVID-19 tritt eine erhebliche Verschlechterung der Darmflora ein. Über „Löcher“ in der Darmwand können potenziell toxische Stoffe in den systemischen Kreislauf übergehen und Körperorgane schädigen. Zur Optimierung der Darmflora durch präbiotische Ballaststoffe läuft eine klinische Studie (COC, 2022; CATALANO, 2022).

Zur schnelleren Rehabilitation werden klassische Methoden zum Training von Muskulatur, Muskelmotorik und Nervensystem verlangt. (PICONE, 2022). 

In den USA ist die Physiotherapie bei LC-Patienten durch Richtlinie empfohlen.

Vereinigende Hypothese für die Entstehung der typischen LC-Symptome:

Fast alle neueren Autoren räumen ein, dass die Entstehungsmechanismen von LC-Symptomen komplexer Natur sind und bis heute kaum verstanden werden (WURZ, 2022).

Das Verständnis für die Ursachen der LC-Symptome ist aber wichtig, um den Betroffenen gezielt ernährungsmedizinisch zu helfen. Da das Phänomen des LC erst seit 2 Jahren bekannt ist, stecken die grundlagenwissenschaftlichen Forschungen noch im Frühstadium. Mehrere Ursachen-Hypothesen sind formuliert worden, die wahrscheinlich alle einen von Fall zu Fall unterschiedlichen Anteil an den bekannten Symptomen haben.

These A (Spikeprotein als Ursache):

(Zellschädigung durch Spikeprotein und Folgeprodukte)

Es ist bekannt, dass das Spikeprotein verschiedene toxische Eigenschaften hat, so z.B. die Schädigung von Zellmembranen und thrombogene Eigenschaften im gesamten Körper. Die Zellschädigung kann bis hin zum Zelluntergang durch Apoptose bei verschiedenen Organen gehen. Das betrifft auch Nervenstrukturen und durch von Spikeprotein ausgelöste Microthromben und nachfolgend verursachte Mangeldurchblutung mit der Folge von Sauerstoffmangel. In der akuten Phase der Infektion sollen bis zu 10 E10 Virionen (10 Milliarden) im Körper Zellwände angreifen (KOC, 2022 mit Verweis auf SENDER, 2021). 

These B: (Gestörte Körperfunktion durch oxidative Überlastung):

Überlastung des antioxidativen Zellschutzes mit Steigerung von Entzündungsreaktion über körpereigene proentzündliche Botenstoffe wie NF-kappaB, Lipoxidasen, Cyclooxygenasen COX-1 und COX-2. Gesunde Körperzellen oder einzelne Funktionsproteine (z.B. Stoffwechsel- enzyme) können so stark geschädigt werden, dass das betreffende Organ lebensnotwendige Funktionen (z.B. Energieproduktion, Nervenfunktion) nur noch eingeschränkt erfüllen kann.

Der Ablauf kann auch die dramatische Minderung der physischen Leistungsfähigkeit in der späten LC-Phase erklären.

Dieser Zustand kann ursachenunabhängig als mitochondriale Dysfunktion und Dysregulation des Stoffwechsels freier Fettsäuren beschrieben werden (BARLETTA, 2022). Auch soll eine gestörte Kommunikation („cell crosstalk“) mitwirken (MUCHTARIDI, 2022). Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass bei LC alle Pflanzenstoffe sinnvoll sind, die den Botenstoff NF-kappa B absenken oder Nrf2 anheben (MUCHTARIDI, 2022).

These C: (Entgiftungsthese (REUSS, 2022)

Protein-Abbauprodukte nach Entzündungsprozessen im akuten Stadium und nach Zerstörung der COVID-Viren durch das Immunsystem überfordern die metabolische Kapazität der Leber und die Ausscheidungsfähigkeiten von Niere und können so diese Organe schädigen. Die Persistenz von nicht vermehrungsfähigen Virus- Abbauprodukten wird mit bis zu 4 Monaten angegeben (RABADY, 2021).

Der „Stoffwechselmüll“ häuft sich in sensiblen Zellen an und stört dadurch eine Vielzahl von wichtigen Körperfunktionen bzw. Enzymwirkungen, so dass der Mensch nervlich und physisch nicht mehr belastbar ist.

These D: (Tryptophan Mangel; EROGLU, 2021)

Als Folge einer COVID-Infektion wird vermehrt Tryptophan verbraucht. Obwohl nur 5% hiervon für Proteinsynthesen genutzt wird, kann es bei Infizierten zu unzureichender Verfügbarkeit von Tryptophan kommen. 

These E: (Laktat-Hypothese: GUPTA 2022)

Bei akuter COVID-Erkrankung wurden intrazellulär deutlich erhöhte Konzentrationen von Laktat gefunden. Gestört scheint die Umwandlung der Milchsäure in Pyruvat (GUPTA, 2022). Das ist durch Entzündungsprozesse gelenkt, die bei sehr hohem Energieverbrauch entzündeter Zellen auf anaeroben Stoffwechsel mit Laktat-Bildung umschalten (GUPTA, 2022) weil ein Co-Metalloenzym blockiert ist. Es kommt zur Ansäuerung des Intrazellulärraumes. Aus der Sportphysiologie ist bekannt, dass bei Übersäuerung die mitochondriale Energiebereitstellung gestoppt wird, was zum vorbeugenden Schutz der Muskelzellen und anderer Zellen (z.B. Herzzellen) dient und zum Verlust an metabolischer Leistungsfähigkeit führt. Das kann auch die Herzfunktion stören (RASA, 2018; DE-PACE, 2022; SCHIEFFER, 2022). 

Zusammenfassung LongCovid - Zusammenfassend kann folgendes festgestellt werden:

a) Von LongCovid, als Nachfolgeerscheinung einer COVID-19-Infektion, sind je nach Bewertungsdefinition der Symptome 6% bis 80% der Genesenen betroffen.

b) Das Auftreten von LC hängt nicht von der Intensität der zugrunde liegenden Infektion ab. Auch Personen ohne Symptome bei der akuten Infektion können betroffen sein.

c) Der Mechanismus eines LC ist extrem komplex: bis zu 100 verschiedene Symptombilder können nach der Literatur definiert werden.

d) Die Mehrzahl der Autoren geht davon aus, dass der eigentliche Ursprung der LC -Symptome bereits in der akuten Infektionsphase gelegt wird. Deshalb sollte die Nahrungsergänzung bereits vor der Genesung erfolgen.

e) Da auch bei LC von einer thrombotischen Störung ausgegangen werden kann, sollte frühzeitig prophylaktisch antithrombotisch therapiert werden (WANG 2022).

f) Eine bedeutsame Hypothese ist die, dass während der akuten Phase funktionelle Zell- und Virusproteine geschädigt werden, z.B. durch neue Raumstrukturen mit neuen Eigenschaften (vergleichbar mit den heutigen Denkmodellen für die altersabhängigen Nervenschädigungen („misfolded proteins“). Im Zuge der oxidativen Überlastung soll es zu einem Glutathion-Mangel kommen, der nach Ende der akuten Phase anhält und Symptome bewirkt (JARROTT, 2022).

g) Wenn LC-Symptome auftreten, finden fast immer auch Microembolien statt, die sowohl eine Mangeldurchblutung als auch entsprechende Zellschäden erklären.

h) LC-Symptome sind insbesondere frühe muskuläre Ermüdung (intrazelluläre Anhäufung von Milchsäure), geistige Ermüdung, Dyspnoe, Muskelschwund, Verlust des zellschützenden Glutathions und ein gestörtes Immunsystem, das neu eindringende Keime kaum noch abwehren kann.

i) LC ist entgegen früheren Annahmen kein Ausgleiten aus den Symptomen der COVID-19-Akutphase, sondern ein neuer hoch komplexer Pathomechanismus.

j) LC-Symptome werden von Monat zu Monat geringer, sie können aber insbesondere bei Beteiligung des Nervensystems auch länger als 12 Monate anhalten.

k) Eine Verkürzung der LC-Phase, die die Arbeitsfähigkeit und die Lebensqualität verbessert, kann den volkswirtschaftlichen Schaden mit moderaten Kosten für die Supplementierung erheblich reduzieren.

l) Im Idealfall sollte mit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel schon während der akuten Phase begonnen werden und nicht erst, wenn LC -Symptome erkannt werden.

m) Bei Verdacht auf LC müssen die erforderlichen Untersuchungsverfahren kurzfristig durchgeführt werden, da sich das pathologische Bild in der Regel verändert. In Italien wurden in großer Zahl LC-Versorgungszentren eingerichtet, die den Patienten sofort untersuchen und beraten können (FLORIDIA, 2022). Eine regelmäßige Kontrolle der Entwicklung beim LongCovid-Syndrom wird als notwendig angesehen (KIN, 2022)


Das Verzeichnis der zitierten Literatur wird gerne auf Nachfrage zur Verfügung gestellt.